Osterbräuche in Österreich

Vom Woachfleisch bis zum Osterpecken

Welche Osterbräuche gibt es in Österreich? Woher kommen Sie und was bedeuten Sie? Hier finden Sie eine Beschreibung der wichtigsten österlichen Bräuche.

Die Speisenweihe ist zwar ein integrierter Bestandteil der Osternachtsliturgie, wird aber in ländlichen Gegenden wie etwa der Oststeiermark oder dem Schilcherland auch häufig schon in den Nachmittagsstunden durchgeführt. Am Karsamstag weihen Pfarrer Geselchtes, damit es zum „ Woachfleisch“, oder wie man anderswo sagt, zum Osterschinken werden kann. „Woachfleisch“ heißen die saftigen Renken vom Teilsamen, von der Schweinskeule oder vom Schopfbraten allerdings keineswegs deswegen, weil sie so „woach“ – sprich: weich – sind, sondern weil sie vor oder während der Osternacht geweiht wurden. Manche Pfarrherren geraten dabei ganz schön ins Schwitzen, wenn sie von Marterl zu Wegkreuz und von Bildstock zu Kapelle hasten, um nach einem in der Kirche angeschlagenen „Fahrplan“ überall pünktlich die mit karierten Tüchern abgedeckten Körbe zu segnen. Darin befindet sich übrigens keineswegs nur das – mitunter auch in Brotteig eingebackene – „ Woachfleisch“. Man legt etwa auch Ostereier, Bauernbrot, Landbutter, Kren, Brennessel- und Spinatkrapfen oder aber eine süße Osterpinze, das klassische österliche Brauchtumsgebäck aus Germteig, Dottern, Muskat, Zitronenschale und vielen Rosinen hinein. Charakteristisch ist vor allem die höckerartige Form der Pinze, die man durch drei tiefe Einschnitte erzielt. In die so entstandene Vertiefung wird dann beim Servieren traditionellerweise auch ein Osterei gesteckt.

In Oberösterreich findet man im Weihekörbchen auch noch eine andere Spezialität, den sogenannten „Oarkas“. Zu dessen Herstellung erwärmt man einen halben Liter Milch, bis er stockt, und versprudelt diesen mit zehn Dottern, bevor man die Masse, mit Zucker und Rosinen abgeschmeckt, in einen „Oarkasmodel“ füllt und dabei die abrinnende Flüssigkeit, die sogenannte „ Stiermilli“, sorgsam auffängt.

Ob Woachfleisch, Pinze oder Oarkas: Ein ausgiebiges Frühstück mit einem im wahrsten Sinn des Wortes „gesegneten Appetit“ ist nach einer solchen Speisenweihe für den Ostersonntagmorgen gesichert. Und wer die oft zweieinhalb- bis dreistündige Osternachtsliturgie mitfeiert, der weiß den Inhalt des geweihten Körbchens vor allem dann als zünftige „ Mitternachtsjaus’n“ zu schätzen, wenn er die nunmehr zu Ende gehende Fastenzeit ernster genommen hat als dies heutzutage gewöhnlich der Fall ist.

In manchen Gegenden wie etwa dem Kärntner Gurktal hat die österliche Speisenweihe auch noch eine ältere, weniger katholische Facette: Da achten die Bäuerinnen besonders darauf, daß in der Nacht vom Karfreitag zum Karsamstag die Glut im Ofen nicht erlischt und werfen entweder eine Prise Salz oder ein paar Essensreste ins Herdfeuer, um Schaden vom Haus fernzuhalten und den Wettergott zu besänftigen: „ Wind, Wind, geh zu dein Weib und sein Kind“ lautet die entsprechend „heidnische“ Formel.

Speisenweihen waren und sind eben auch dann keine christliche Erfindung, wenn in der katholischen Kirche bereits im 7. Jahrhundert Fleisch geweiht wurde, – die erste Eierweihe, lateinisch benedictio ovorum genannt, erfolgte um das Jahr 1000 n. Chr. Praktisch alle Religionen haben nämlich das Bedürfnis, auf irgendeine Weise auszudrücken, daß Nahrung nicht etwas ist, das sich der Mensch selbstverständlich nehmen kann, sondern etwas, das ihm gegeben wird.
Eine der ältesten Formen der Mahlzeit ist daher das Opfer, das zumeist gleichzeitig auch ein Fest war. Als König Salomon zum Abschluß der Eröffnungsfeiern des Tempels von Jerusalem 22.000 Rinder und 120.000 Schafe – als Gemeinschaftsopfer für Jahwe – (1 Könige 8, 63) darbringen ließ, wurde, wie in der Bibel nachzulesen ist, sogar der große Bronzealtar zu klein. Tatsächlich wurden diese Tiere – von einigen wenigen Stücken abgesehen, die tabuisiert oder den Priestern vorbehalten waren – nicht nur geopfert, sondern auch von der versammelten Gemeinde aufgegessen. Einem großen Opfer folgte also gewöhnlich auch ein großes Fest.

Die österliche Speisenweihe geht zweifellos auf solche archaische Opfermahlzeiten zurück, auch wenn aus dem klassischen Opferlamm bei uns mittlerweile geräuchertes Schweinefleisch wurde. An das Lamm erinnern wir uns lieber beim gebackenen Kitzerl am Ostersonntag, dessen Genuß uns in tierschutzbewußten Zeiten allerdings schon soviel schlechtes Gewissen bereitet, daß wir es wohl einigermaßen makaber finden würden, das niedliche kleine Tierchen vor dem Essen auch noch zu segnen.

Wenn Ostern naht, dann gackern zwar die Hühner munter weiter, doch die Eier werden ausnahmsweise einmal von den Hasen gelegt. Diese verkehrte österliche Welt ist allerdings nicht auf mangelnde Biologiekenntnisse zurückzuführen, sondern hat ihre Wurzeln tief in der Vergangenheit. Unser Osterei hat
– wie vieles im alpenländischen Brauchtum – sowohl heidnische als auch christliche Wurzeln. Bereits in den germanischen Göttersagen stößt man beispielsweise auf ein erstaunliches Zusammentreffen von Ei und Hase. Meister Lampe galt nämlich als das Lieblingstier ausgerechnet jener Frühlingsgöttin Ostara, die nicht nur – wenngleich sprachgeschichtlich umstritten – dem Osterfest seinen Namen gab, sondern sich auch mit Vorliebe bunt bemalte Eier opfern ließ. Auch der Wettergott Donar hat etwas mit Eiern zu tun: Daß Spinat mit Spiegelei bis heute als klassisches Donnerstagsessen gilt, liegt daran, daß man den Eiern, die am Tag des Donar geweiht wurden, ebenso magische Kräfte zuschrieb wie dem Spinat selbst.

Christlichen Missionaren waren solche abergläubischen Vorstellungen freilich ein Dorn im Auge. Vernünftigerweise verteufelten sie das Osterei jedoch nicht, sondern bauten es lediglich in die christliche Lehre ein. Im Schrifttum der Jesuiten etwa gilt das Ei als Symbol der Vollkommenheit, aber gleichzeitig auch als Zeichen der Zerbrechlichkeit durch die in die Welt gelangte Sünde. Und im christlichen Volksglauben wurde das Ei sogar als Auferstehungs-Szenario empfunden: Das Eigelb symbolisiert den gekreuzigten Leib Jesu, das Eiweiß die Grabtücher und die Schale das Grab selbst. Durch das Eierpecken konnte man die Auferstehung des Herrn daher selbst Kindern anschaulich machen. Sogar für das lustige Ostereiersuchen findet sich eine plausible theologische Erklärung: „Sage mir, wohin du ihn gelegt hast!“ (Johannes 20, 15) fragt nämlich die im Garten nach Jesu Leichnam suchende Maria Magdalena.

Es dauerte trotz soviel christlichen Überbaus eine ganze Weile, bis das Ostereiersuchen und das Eierpecken tatsächlich zum echten Volksbrauch wurde. Der Osterhase selbst gilt nämlich erst als Erfindung jenes Försters Fuhrmann, der offensichtlich ein geistiger Vetter des Till Eulenspiegel war und 1756 bei den Behörden tatsächlich zu Protokoll geben ließ, er habe einen Hasen aufgezogen, der etliche Eier legte, in denen sich nach dem Öffnen allerdings nichts als weißes Wasser befunden habe.

Seither hat das Eiapopeia in der Osterwoche nicht mehr aufgehört. Im bäuerlichen Handwerk des 19. Jahrhunderts wurden ausgeblasene Eier mit Silberdraht-Chenille und farbigen Schnüren ebenso populär wie bemalte Glaseier.

Rund um das Osterei entwickelten sich zahlreiche Geschicklichkeitsspiele wie das „Gonesrennen“ oder das „Eierklauben“ in Tirol und Salzburg. In der Steiermark wiederum kennt man den Brauch, Ostereier zwischen zwei geneigten Holzbrettern hinunterrollen zu lassen. In manchen Gegenden wirft man auch mit einer Münze nach dem Ei und hofft, daß sie darin steckenbleibt und Glück bringt.

Ein ganz besonderer, aber schon fast vergessener Ostereierbrauch ist es, die am Gründonnerstag – in Tirol: „Weichenpfinstag“ – gelegten Eier entweder mitsamt der Schale zu essen oder unter den Dachbalken zu stecken, um das Haus vor Unwetter zu schützen. Der Grund dafür ist so herzhaft wie einleuchtend: „Am Weichenpfinstag“, sagt man heute noch in manchen Gegenden Tirols, „ ist der Henn das Ei im Arsch g’weicht.“ Wobei unter „g’weicht“ selbstverständlich nicht weiche, sondern geweihte Eier zu verstehen sind.

Die besten Ostergebäck-Rezepte

Autor: Christoph Wagner

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5 Kommentare „Vom Woachfleisch bis zum Osterpecken“

  1. MIG
    MIG — 15.4.2022 um 22:09 Uhr

    Lustige Bezeichnungen, auch wenn ich sie nicht kenne bzw. aussprechen könnte, aber trotzdem eine Menge dazugelernt.

  2. Huma
    Huma — 15.4.2022 um 07:02 Uhr

    Einige Ausdrücke in diesem interessanten Beitrag waren mir bereits bekannt.

  3. hertak
    hertak — 28.3.2016 um 15:56 Uhr

    Das ist ein sehr guter Beitrag. Manches weiß man ja, aber oft nicht die Enstehungsgeschichte.

  4. Hells
    Hells — 31.3.2015 um 11:32 Uhr

    Gut zu wissen!

  5. cp611
    cp611 — 18.4.2014 um 15:58 Uhr

    Sehr interessaner Beitrag!

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